Donnerstag, 31. Mai 2012

Jeanne d'Arc


    

Kindheit und Jugend


Jeanne d’Arc wurde am 6. Januar 1412 als Tochter des Bauern und Bürgermeisters Jaques Tarc und seiner Frau Isabelle Romée in Domrémy in Lothringen geboren. Ihrer Familie ging es finanziell gut, allerdings wurde Jeanne in eine zerrüttete Welt hineingeboren: Frankreich kämpfte seit 1337 gegen England im Hundertjährigen Krieg. König Karl VI hatte seinem Sohn, dem Dauphin (Kronprinzen) Karl VII den Anspruch auf den Thron entzogen und diesen stattdessen Heinrich VI aus England zugesichert. Karl litt an Schizophrenie und wurde daher auch der Wahnsinnige (le Fou) genannt. Englische Truppen besetzten daraufhin weite Teile Frankreich und Orléans wurde von ihnen eingekesselt.
Frankreich wurde damals außerdem von der Pest heimgesucht und seit 1407 tobte ein Bürgerkrieg zwischen dem Grafen von Burgund und den Armagnacs. Domrémy stand hinter dem Dauphin, das Nachbardorf hingegen unterstützte dessen Gegner.
Jeanne war ein sehr frommes Mädchen und durchaus kirchenbewandert, obwohl anzunehmen ist, dass sie Analphabetin war.
Als sie dreizehn war, hörte sie im Wald Bois Chenu nahe ihrer Heimatstadt Stimmen, die ihr befahlen, ein frommes Leben zu führen, stets die Kirche zu besuchen und jungfräulich zu bleiben. Jeanne befolgte die Anweisungen dieser Stimmen, da sie glaubte, sie kämen von Gott.
Später erschienen ihr die heilige Katharina, die heilige Magarete und der Erzengel Gabriel und befahlen ihr, Frankreich von den Engländern zu befreien und dem Dauphin zu seinem rechtmäßigen Thron zu verhelfen.
Ihre Familie musste aber vor feindlichen Soldaten fliehen und als sie in ihr zerstörtes Heimatdorf zurückkehrte, entschloss sich Jeanne, den gottgegebenen Auftrag auszuführen.

Jeannes Kampf gegen die Engländer


Ein Verwandter empfahl sie 1429 an den Ritter Robert de Baudricourt, den sie von sich überzeugte. Er schickte sie mit einer kleinen Eskorte und in Männerkleidern mitten durch feindliches Land und so erreichte sie den Dauphin schließlich in Chinon. Dieser veranlasste Geistliche, Jeanne über mehrere Wochen hinweg zu prüfen und die Jungfraulichkeit des Mädchens wurde von Hofdamen untersucht.
Schließlich willigte der Dauphin in ihre Vorhaben ein, ließ ihr eine Rüstung machen und sandte sie mit einer kleinen Truppe nach Orléans, wo sie die Eingeschlossenen mit Gütern versorgen sollte.
Am 29. April gelingt ihr nach einigen Kämpfen der Einzug in die Stadt. Aus den Quellen geht nicht klar hervor, ob Jeanne selbst kämpfte oder einfach als eine Art Motivation funktionierte. Allerdings wurde sie in den Schlachten wohl auch verletzt.
Durch den Einzug ihrer Landsleute in die Stadt und die Anwesenheit einer Jungfrau mit diesem gottgegebenen Auftrag zur Befreiung Frankreichs wurden die Einwohner von Orléans so weit motiviert, dass sie am 8. Mai einen Vorstoß gegen die Belagerer unternahmen und diese vertreiben konnten.
Der darauf folgende Enthusiasmus bezeichnet einen entscheidenden Wendepunkt im Kriegsverlauf. Am 17. Juli konnte Karl VII in Reims gekrönt werden. Jeanne, ehemaliges Bauernmädchen und nun die gefeierte Jungfrau von Orléans, stand bei der Zeremonie mit dem Siegesbanner neben dem Altar.
Obwohl er ihr seine Herrschaft verdankte, wandte sich Karl bald von Jeanne ab. Sie verfolgte weiterhin ihren Auftrag, ganz Frankreich zur Freiheit von den englischen Invasoren zu führen, während Karl Frieden schließen wollte. Auch die Erhebung Jeannes und ihrer Familie in den Adelsstand, konnte sie nicht davon abhalten, weiterzukämpfen.


Jeanne vor Paris und Compiegne


Die junge Frau focht nun eigenständig weiter ihre Schlachten, scheiterte allerdings vor Paris, das auch durch seine Bewohner eisern verteidigt wurde. Laut eigener Aussage, hatte sie hier ihre letzte Vision.
Vor Compiegne wurde sie verwundet und dann von dem burgundischen Grafen von Ligny gefangengenommen und für 10.000 Ecu – eine gewaltige Summe – an die mit ihm verbündeten Engländer verkauft. Die sahen in Jeanne eine Hexe und Ketzerin, ergriffen die Chance, Frankreich seines Hoffnungssymbols zu berauben und übergaben sie dem Inquisitionstribunal. Der forderung der Pariser Universität folgend wurde Jeanne in Rouen vor ein geistliches Gericht gestellt. Der Prozess würde drei Monate dauern.

Prozess und Tod


Vor dem Gericht war Jeanne ganz auf sich allein gestellt. Auch ohne einen Verteidiger gelang es ihr, sich geschickt zu wehren, jedoch waren die Richter ihr, dem Bauernmädchen um einiges überlegen und fest entschlossen, ihr ihre Schuld nachzuweisen.
Der Vorwurf lautete auf Hexerei, Ketzerei, falsche Weissagungen, Blasphemie, das Tragen von Männerkleidern, Hochmut und kirchenspalterisches Verhalten.
Am 24. Mai 1431 unterzeichnete sie einen Widerruf, damit gestand sie die ihr vorgeworfenen Verbrechen und sagte sich von allen ketzerischen Handlungen und Ansichten los. Wahrscheinlich wurde sie erpresst und unterzeichnete auch aus Hoffnungslosigkeit, da ihr die Unterstützung durch Karl VII und die Heiligen, die ihr erschienen waren, nun versagt war. Das Urteil lautete daraufhin „immerwährende Haft“.
Zwei Tage später begehrte sie dann doch wieder auf, zog ihre Männerkleidung an und widerrief am 28. Mai das unterzeichnete Geständnis. Für das Gericht war sie nun eine rückfällige Ketzerin und wurde somit zum Tode verurteilt.
Am 30. Mai wurde sie auf dem Marktplatz in Rouen bei lebendigem Leib verbrannt, ihre Asche wurde in die Seine gestreut. 

Rehabilitierung, Selig- und Heiligsprechung


Karl VII hätte es niemals auf sich sitzen lassen können, dass er seine Macht und Herrschaft einer verurteilten Hexe und Ketzerin verdankte. So führte er nach der Wiedereroberung von Rouen 1449 Befragungen und Verhöre durch und „bewies“ die Voreingenommenheit der Richter.
Unter Papst Castilius wurde der Prozess 1455 wieder aufgerollt und dabei entdeckte man einige „Formfehler“. Deswegen wurde das Urteil über Jeanne d’Arc am 7. Juli 1456 aufgehoben.
Vom Vatikan wurde sie 1894 für „verehrungswürdig“ befunden. 
Erst 1909 wurde sie selig- und dann 1920 durch Benedikt XV heiliggesprochen.

Mögliche Ursachen für die Visionen


Es wurde oft versucht, die physiologischen oder psychologischen Ursprünge von Jeannes Visionen zu finden. Jeanne könnte unter Schizophrenie gelitten oder einen Gehirntumor gehabt haben. Das britische Ehepaar Butterfield untersuchte für eine nähere Diagnose nochmals die Prozessakten, in denen sich Jeanne auch zu der Art und dem Ablauf ihrer Visionen äußerte. Laut dem aus diesen Untersuchungen entstandenen Bericht, wäre es auch wahrscheinlich, dass Jeanne an Tuberkulose (Schwindsucht, einer Lungenerkrankung) litt und sich in ihrem Gehirn ein Abszess gebildet hatte, der durch den Einfall von Licht und die gestörte Funktion der Nerven die Visionen auslöste.
Der Henker konnte ihre Organe trotz der Beigabe von brandbeschleunigenden Mitteln nicht verbrennen. Daher liege es nahe, dass Jeanne sich über die Milch von infizierten Kühen angesteckt habe, so die Butterfields, da sich so Kalk in den Eingeweiden absetzte.
Vor ihrer Hinrichtung war Jeanne bereits sehr krank und vermutete selbst, dass sie bald sterben würde. Sie übergab sich häufig und der Prozess musste aufgrund ihrer Krankheit zwischenzeitlich ausgesetzt werden.
Wäre sie nicht verbrannt worden, hätte sie nur wenige Wochen weitergelebt und wäre dann ihrer Krankheit erlegen.

Trivia:


  •    Ihr Name bedeutet auf Hebräisch „Gott ist gnädig“
  •    Sie litt an Amenorrhöe (ihre Menstruation blieb aus)
  •    1894 wurde auf dem Dachboden einer Pariser Apotheke eine Kiste mit der Aufschrift „Überreste, die unter dem Scheiterhaufen von Jeanne d’Arc, Jungfrau von Orléans, gefunden wurden“ entdeckt. Diese Überreste wurden dann in Chinon aufbewahrt. 2007 stellte sich heraus, dass es sich bei  der Rippe Jeannes um die einer ägyptischen Mumie handelte
  •    Die Visionen wurden begleitet von hellem Licht
  •    Es gibt keine schriftlichen Dokumente über sie, abgesehen von den Prozessakten
  •    Ihr Geburtshaus in Domrémy ist erhalten, daneben wurde ein Museum eingerichtet
  •    An der Stelle im Bois Chenu, an der sie die Stimmen hörte, steht heute eine Basilika
  •    Sie selbst nannte sich la Purcelle, die Jungfrau; heute nennt sich ihr Heimatdorf nach ihr Domrémy-la-Purcelle
  •    Als sich im 19. Jahrhundert ihr ruf besserte und sie wieder bekannter wurde, fand sie auch Eingang in Literatur und Schauspiel
  •    Sie ist die Patronin Frankreichs, Rouens, Orléans, und des Rundfunks und der Telegraphie

Kommentar: Warum Jeanne d'Arc 

Bevor ich mich intensiver mit ihr beschäftigte und diese Kurzbiographie zu ihrem Leben schrieb, lief Jeanne mir zweimal über den Weg. Einmal sah ich ein Bild in meinem Geschichtsbuch, das sie siegreich vor einer Horde bewaffneter Mann zeigte.
Sie selbst trug auch eine Rüstung und thronte hoch zu Ross. Das zweite Mal, als mein Philosophielehrer sagte, dass sie schizophren gewesen sei. Er erklärte, dass man sie verbrannt habe, weil man ja nicht wusste, was ihr die Erscheinungen, die sie hatte noch befehlen könnten.
Das weckte mein Interesse. Diese Schizophrenie knickte das stereotype Bild der tragischen Märtyrerin um und verschaffte ihr eine gewisse schicksalshafte Ironie. Ein junges Mädchen mit einer psychischen Krankheit hatte ein Land gerettet, dessen König an derselben Krankheit litt und seinem Sohn deshalb das Recht auf den Thron entzog.
Bittere, makabre, pechschwarze Ironie. Schicksal.
Wegen ihrer Krankheit hatte sie sich in einer patriarchalischen Welt durchgesetzt. Da verstand ich fast, dass man auch Angst vor ihr gehabt haben könnte, sie nicht nur als Segen und als Retterin gesehen hatte, sondern vielleicht auch als verrücktes Mädchen mit einem Schwert in der Hand und einer Armee hinter sich, als Hexe und Ketzerin, anders war es damals nicht zu erklären.
Auch wenn sich bei meinen Recherchen herausstellte, dass sie wahrscheinlich nicht an Schizophrenie, sondern an einem Tumor gelitten hatte, kam es auf dasselbe hinaus: Schiere Überzeugung kann Berge versetzen.
Denn was immer Jeanne dachte, das man ihr befohlen hatte, es war nicht real. Doch sie zweifelte nicht daran, dass die Heiligen zu ihr sprachen, was vielleicht so mancher Kleriker getan hätte. Sie machte, was man von ihr verlangte und war sogar bereit, dafür zu sterben.
Ich kann ihr vollkommenes Gottvertrauen nicht nachvollziehen. Aber ich bewundere ihre Stärke und Entschlossenheit. 

I'm not afraid. I was born to do this.
 Jeanne d'Arc

Quellen:

    

Über mich

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Für meine Großmutter, Elisabeth.